Meine Windhunde ... und ich

Ricky – Liebevolle Gemeinschaft zwischen Hund und Kind

  • Meine Veröffentlichung im „TIER“, Grzimeks und Sielmanns internationale Zeitschrift für Tier, Mensch und Natur, Heft 10, 1982
  • Meine Veröffentlichung in „Unsere Windhunde“, Verbandszeitschrift des DWZRV, Heft 8, 2003

Ricky hat immer an erster Stelle gestanden. Aber jetzt war unser erstes Kind unterwegs. Hunde weisen Menschen und Mittieren einen bestimmten Rang zu, diese Erkenntnis haben Verhaltensforscher gewonnen, die sich ausgiebig mit Hunden und Wölfen beschäftigten.

Eifersucht war also unbedingt zu befürchten; denn für den Vierbeiner stand der angestammte Platz in der Familie auf dem Spiel. Verwandte bestürmten mich beschwörend: "Bringt den Hund doch vorerst zu uns!" oder "Lasst das Tier nicht zu nahe an das Kind heran!" Trotzdem wischte ich alle Befürchtungen vom Tisch und vertraute auf Ricky.

Als ich aus dem Krankenhaus kam, beschnupperte unser Hund natürlich das fremd riechende Bündel auf meinem Arm. Er wurde ganz aufgeregt, wenn das Baby in der Wiege schrie, und versuchte neugierig hineinzuschauen. Immer wieder nahm ich ihn dann auf den Arm und beruhigte ihn. Jetzt brachte ich ihm besonders viel Zuneigung entgegen, und zwischen den Mahlzeiten des Babys nahm ich mir ausgiebig Zeit , ihn zu kraulen und mit ihm zu schmusen. Die Mühe lohnte sich! Ricky nahm unseren Sohn sehr schnell an.

Nie hörte ich von ihm ein böses Knurren. Und wenn er seine Ruhe brauchte, ging er eben dem manchmal quengeligen Säugling aus dem Weg. Unser Sohn hingegen lernte, rücksichtsvoll und geduldig mit Tieren umzugehen und war zum Glück nicht immer der alleinige Mittelpunkt.

Seit einiger Zeit ist nun eine ganz besondere Zuneigung zwischen meinem mittlerweile zweijährigen Sprössling und dem elfjährigen Whippet zu beobachten. Das aber hat auch seine Bewandtnis: Ricky zeigt mit zunehmendem Alter eine wachsende Esslust. Der Whippetrüde, einstmals vielfach ausgezeichnet und Teilnehmer an Windhunderennen, entpuppte sich als richtiger Vielfraß. Und das kleine Menschenkind kam ihm als <Mittler zum Zweck> genau richtig. Öffnete ich die Tür zur Speisekammer, folgte mir mein Sohn unbemerkt, packte einen Hundekuchen aus der Schachtel und sauste schnell fort. Ricky, der schon vor der Tür wartete, nahm vorsichtig das Mitbringsel entgegen, und dann verschwanden beide mit der Beute im Wohnzimmer. Dicht nebeneinander lagen sie gemeinsam auf dem Teppich, und Ricky ließ sich den Hundekuchen schmecken. Mein Sohn passte auf, dass jedes Krümelchen von seinem vierbeinigen Begleiter gefunden wurde. Ich aber musste darauf Acht geben, dass die Überreste dieser so verlockenden Mahlzeit nicht im Mund meines Jüngsten verschwanden.

Später wurde die Speisekammer verschlossen, damit der ehemalige Ausstellungssieger nicht übermäßig gefüttert wurde und gar vollständig seine <Form> verlor.

Ricky hat sich an die neue Rangordnung gewöhnt. Sobald die Kinder abends im Bett sind, weiß er, dass ihm nun niemand mehr seinen Platz streitig macht. Ob ich nun vor dem Fernseher sitze oder mich mit Lesen beschäftige, immer ist sein Platz zu meinen Füßen; alles ist wieder wie früher."

An diesem Beispiel wird deutlich, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen einem Hund und einem Kleinkind durchaus möglich ist, auch wenn der Hund zuerst in der Familie war. Der Artikel erschien 1982 zum Thema "Kind und Hund".

Unser Sohn ist inzwischen erwachsen, doch kann er sich noch gut an unseren Whippetrüden "Ricky", Enno von Salhof Reida (1971-1983), erinnern. Es war eben eine große Liebe zwischen den beiden.


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